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Fachmagazin: „Gesteins-Perspektiven“ Intelligente Anpassung

Intelligente Anpassung

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GUT INTEGRIERT:
Die Altanlagen aus Bändern und Siebanlagen bilden nach wie vor den Hauptbestandteil des Kieswerks

Um ein altgedientes Kieswerk an die Marktvoraussetzungen der Gegenwart anzupassen, ist nicht immer zwingend ein kompletter Neubau erforderlich. Eine zielgerichtete Bestandsaufnahme kann in Verbindung mit einer individuellen Planung vorhandene Anlagenteile integrieren und den Investitionsbedarf auf wenige Schlüsselkomponenten fokussieren. GP zeigt ein prägnantes Beispiel.

In der niedersächsischen Region nordöstlich von Hannover hat die Sand- und Kiesgewinnung eine lange Tradition. In den weiten Ebenen am Rand des Aller Urstromtales liegt eine eiszeitliche Moränenlandschaft, deren Böden überwiegend sandig sind. Viele lokal verwurzelte Betreiber nutzen diese Bodenschätze seit Jahrzehnten, so auch der Betrieb von Plockhorst im Landkreis Peine am Südrand der Lüneburger Heide. Als die überregional und international tätige Holcim GmbH den Standort im Jahr 2013 übernahm, war schnell klar, dass ein zukunftsichernder Betrieb nur mit einigen Modernisierungen zu gewährleisten ist. Gemeinsam mit dem Anlagenbauer SMT Stichweh und deren Planer Reinhard Jonas wurde eine Lösung gesucht, die einen Betrieb auf der technischen Höhe der Zeit mit einer flexiblen Ausgestaltung für die weiteren Jahre des Standorte kombinieren kann. Eine Optimierung der Abläufe hinsichtlich der Energieeffizienz sowie der Umschlagsvereinfachung waren die Schlüsselkriterien einer bedarfsgerechten Konfiguration. Der im Jahr 1993 errichtete Komplex bestand aus einer klassischen Silomischanlage. „Der 25 m hohe Turm war so weithin zu sehen, dass er inoffiziell als Wahrzeichen der Ortschaft Plockhorst galt,“ beschreibt Reinhard Jonas die Ausgangslage. Seit dem Start der Auskiesung um das Jahr 1963 war das Gesamtareal der Nassgewinnung schon auf etliche Hektar angewachsen. Doch die noch zur Verfügung stehenden Kapazitäten machten eine Planung für mindestens weitere 20 Jahre möglich. Die Vorkommen bergen hochwertige Sande und Kiese von bewährter Qualität. Die Grundzusammensetzung zeigt einen Anteil von 70 bis 75 % Sand. Damit lässt sich das gesamte Spektrum der klassischen Betonzuschläge (0/2 bis 16/32) abdecken. Besonders geeignet ist das Material aber für Estrichsand, der aus 0/2 und 2/8 zusammengesetzt wird. Auf dieses Hauptprodukt des Portfolios hatte sich schon der Vorgängerbetrieb über lange Jahre spezialisiert.

AUF ALTEN BEINEN: Die neue Siebanlage steht auf den Fundamenten der alten Silostraße
AUF ALTEN BEINEN:
Die neue Siebanlage steht auf den Fundamenten der alten Silostraße
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NEUES ELEMENT:
Das kleine Schöpfrad ist als Entwässerung der Estrichsandherstellung vorgeschaltet
IM LAUFENDEN BETRIEB: Die Silos für die Estrichsandfraktionen sind Kernelement für die Anlagenkonstellation
IM LAUFENDEN BETRIEB:
Die Silos für die Estrichsandfraktionen sind Kernelement für die Anlagenkonstellation

 

KOMPAKT: Der neu konstruierte Kern der Produktion mit seinen Sieben und Silos für den Estrichsand
KOMPAKT:
Der neu konstruierte Kern der Produktion mit seinen Sieben und Silos für den Estrichsand

Die Mächtigkeit des gewinnbaren Materials kann 8 bis 15 m erreichen, liegt effektiv aber meist bei etwa 5,5 und selten über 8 m. Die Lagerstätte ist nämlich nicht ohne Tücken, da immer wieder sogenannte Tonköpfe angetroffen werden. Dabei handelt es sich unregelmäßige Einschaltungen von tonigen, stark verfestigten, Partien. Sie können abbautechnisch nur schwer durchdrungen werden und wären zudem in größerem Ausmaß für den weiteren Prozess der Produktherstellung störend. Nach oben erreicht die Körnung maximal bis 120 mm, somit ist das Material förderfähig für ein Saugschiff mit moderner Strahltechnik. Um die anstehende Erweiterung der Abbaufläche einzuleiten, wurde ein erstes Teilareal erschlossen und mit einem neuen Saugbagger bestückt, der einen zuletzt im Einsatz befindlichen Eimerkettenbagger ersetzt. Die Förderleistung des Döpke Saugbaggers liegt bei ca. 200 t Feststoff beziehungsweise 800 m³ Gemisch in der Stunde. Damit ist die Förderung an die angepeilte Kapazität von 1000 bis 1200 t am Tag angepasst.

GROSSRAUM: Die Platzverhältnisse am Standort erlauben eine umfangreiche Zwischenpuffrung (Fotos: Bodo Wistinghausen)
GROSSRAUM:
Die Platzverhältnisse am Standort erlauben eine umfangreiche Zwischenpuffrung (Fotos: Bodo Wistinghausen)
EINFACH GEHALTEN: Am Schaltschrank lässt sich auf einem Monitor der gesamte Vorgang überwachen und steuern
EINFACH GEHALTEN:
Am Schaltschrank lässt sich auf einem Monitor der gesamte Vorgang überwachen und steuern
MULTIPLE FUNKTION: Das neue Schöpfrad entwässert das geförderte Gut und sondert die Tonfraktionen ab
MULTIPLE FUNKTION:
Das neue Schöpfrad entwässert das geförderte Gut und sondert die Tonfraktionen ab

Um eine Stundenleistung der neuen Anlagenkonstellation von 150 t, davon 50 t Körnung, zu gewährleisten wurde das vorherige Produktionskonzept auf den Prüfstand gestellt. Lange Bandstraßen prägten die Arbeitsweise des alten Kieswerks sowie die Silos mit einem Volumen zwischen 210 bis 300 m³. Eine Berücksichtigung der Marktveränderungen der letzten 20 Jahre zeigte, dass heute keine Silos mehr erforderlich sind. Daher orientierte sich die Projektierung in Richtung eines Bodenkieswerks mit Haldenauflagerung. Eine Analyse der Kostenstruktur bestätigte erhebliches Einsparpotential allein bei der Energieversorgung. Planer Reinhard Jonas fasst zusammen: „Allein die Wasserpumpen auf die Silotürme brauchten 55 und 90 kW. Die Leistung der großen Pumpe konnte ersatzlos eingespart werden.“ Insgesamt stand am Ende eine Reduzierung der erforderlichen Energieabgabe um etwa 150 kW. Dennoch sollten die bislang vorhandenen Segmente der Anlage soweit in das neue System einbezogen werden, wie dies sinnvoll zu realisieren war. Als Folge einer daran orientierten Bestandaufnahme kam erstaunlich viel zusammen. Große Teile des Altbestandes und hier besonders der Bandanlagen, eigneten sich problemlos für den Einsatz innerhalb der neuen Anlage. Ebenso konnten Schwertwäsche, Klassiersiebanlagen und der Brecherkreislauf integriert werden.

ELEKTRONISCH: Planer Reinhard Jonas erklärt den automatischen Abzug der Estrichsandfraktionen
ELEKTRONISCH:
Planer Reinhard Jonas erklärt den automatischen Abzug der Estrichsandfraktionen

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Das Produkt determiniert die Maschinenwahl

In die modernisierte Aufbereitung wurden dann neue Maschinen gezielt eingefügt. Das begann mit einem Stichweh-Schöpfrad E 6514 H für die Vorentwässerung. Als durchaus willkommener Nebeneffekt ist das Gerät zudem bestens geeignet, die erwähnten störenden Tonbestandteile bereits weit vor der eigentlichen Materialverarbeitung zu großen Teilen abzusondern. Für den weiteren Verlauf prägte insbesondere eine zentrale Vorgabe den Fokus der Planungen: Das Hauptabsatzprodukt (Estrichsand) war im laufenden Betrieb zu mischen und auszutragen. Die dafür erforderliche Anlage musste in der Lage sein, das feste Mischungsverhältnis aus den beiden oben genannten Teilfraktionen mit Körnung von 15 bis 30 % zuverlässig sicher zu stellen. Reinhard Jonas konzentrierte die dafür nötigen Komponenten in einer neu erstellten kompakten Anlage. Sie besteht im Kern aus zwei Siebanlagen der Größe 1,5 x 5m bzw. 1,2 x 4 m. (zum Vergleich: die alten Siebe hatten überdimensionierte Siebdecks von 2 x 7 m). Sie beschicken ein kleines Silo mit einer Füllmenge von etwa 25 t 2/8-mm-Material. Über ein vorgeschaltetes Schöpfrad vom Typ E 4509 wird vorentwässertes Material 0/2 direkt in ein paralleles Silo mit ca. 50 t gefördert.

Reinhard Jonas erläutert die Funktionsweise: „Für die Estrichsandmischungen dienen die beiden Silos als Zwischenbunker und zur Nachentwässerung.“ Für einen variablen Zeitraum zwischen 12 bis 15 min verbleibt das Material darin, dann wird elektronisch gesteuert der Abzug eingeleitet. Auf einem gemeinsamen Abzugs-Förderband wird das Material anschließend bis in die Endbunker geführt. Die Durchmischung erfolgt auf dem Weg dorthin durch das zweifache Umwerfen. Kommt mehr Material in den Silos zusammen, als in der Estrichsandproduktion gebraucht werden kann, ermöglicht eine Umschaltklappe das Umleiten dieser Mehrmengen auf separate Halden. Als weiteres Beispiel für die Einbeziehung der vorhandenen Komponenten wurde der Bereich auf die vorhandenen Fundamente und Stahlstempel der Silogasse aufgesetzt.

Als Folge des ergebnisorientierten Engineerings gelang es, eine gleichsam zeitgemäße wie ökonomisch clevere Lösung schnell und effizient umzusetzen. Nach Abschluss der Planung wurden die nicht mehr benötigten Teile der Altanlage in einer Woche zerlegt und abgefahren. Nach nur fünf Wochen war Plockhorst wieder betriebsbereit. Für die Vermarktungsstrategie am Standort Plockhorst macht sich die Holcim Beton und Zuschlagstoffe auch die großzügigen Platzverhältnisse zu Nutze. Sie ermöglichen eine Haldenlagerung in großem Umfang, weshalb kein Abverkauf stattfinden muss. Eventuelle temporäre Überkapazitäten werden sukzessive im Winterhalbjahr verarbeitet, wenn wetterbedingt keine Gewinnung möglich ist. Der Erfolg dieser an die aktuellen Markterfordernisse zugeschnittenen Modellierung von einzelnen Systembestandteilen zu einer gänzlich eigenständigen Komplettlösung mit entsprechenden Vorteilen in der Wirtschaftlichkeit zeigt sich auch in den Randparametern. Nur ein Radlader mit mobiler Waage sowie zwei Mann Stammbelegschaft reichen aus, um den Gesamtbetrieb am Laufen zu halten. Im Oktober 2013 wurde der Betrieb aufgenommen. Um mehr Körnung herzustellen wird absehbar eine zweite Brechstufe nachgerüstet – aber der Erfolg hat sich auch so schon eingestellt und gibt dem realisierten Konzept recht.

www.smt-stichweh.de, www.holcim.de

Mit freundlicher Genehmigung der Stein-Verlag GmbH, Iffezheim: Originalbeitrag erschien im GP GesteinsPerspektiven 6/2014, Autoren: Jonas/Wistinghausen/Schulz (gsz)

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